Resümée Literaturtage 2009

Die Veranstaltungsreihe „Literaturtage im Oberpfälzer Jura“ fand 2009 zum zweiten Mal statt (vgl. Die Oberpfalz 2006, S. 363ff). Der Markt Beratzhausen im Landkreis Regensburg, Heimatort des Lyrikers Gottfried Kölwel (1889-1958) und des Heimatschriftstellers Franz Xaver Staudigl (1925-2009), hatte in enger Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden wiederum ein Programm zusammengestellt, das ganz der regionalen Literatur gewidmet war.

Diesmal waren fünfzehn Ortschaften im Oberpfälzer Jura an dem gemeinsamen Projekt beteiligt: Hemau, Frauenberg, Laaber, Kallmünz, Penk, Riegling, Sinzing, Viehhausen, Wolfsegg und Beratzhausen im Landkreis Regensburg; Hohenfels, Neumarkt, Mühlhausen und Parsberg im Landkreis Neumarkt sowie Kastl im Landkreis Amberg-Sulzbach. Das Anliegen der Veranstalter war, Oberpfälzer Schriftsteller aus Vergangenheit und Gegenwart bekannter zu machen, sowie die Jugend zu eigenem literarischen Schaffen anzuregen. So bot die Veranstaltungsreihe im Sommer und Herbst 2009 über einem Zeitraum von fünf Monaten vielfältig gestaltete Lesungen, Kunst- und Buchausstellungen, poetische Erlebniswanderungen, Schreibseminare für Kinder und Jugendliche und weitere Schulprojekte.

Im Rahmen der zehn Schulveranstaltungen gab es zum Beispiel ein kreatives Märchenprojekt, das „Märchenspinnen“ mit dem Märchenerzähler Oliver Machander. Er erzählte den Anfang einer selbst erdachten, märchenhaften Geschichte, und die Kinder einer 3. Klasse in der Grundschule Parsberg entwickelten selbst den weiteren Verlauf und Schluss der Erzählung. Außerdem wurden für Schulklassen Wanderungen in Kombination mit Lesungen von Texten Oberpfälzer Autoren zur Natur und Landschaft veranstaltet; zum Beispiel in der reizvollen Kallmünzer Flusslandschaft mit einer 6. Klasse der Johann-Baptist-Lassleben-Volkschule. Die Regensburger Autorin Barbara Krohn leitete in der Gottfried-Kölwel-Volksschule Beratzhausen und der Hauptschule Sinzing kreative Schreibseminare zum Thema „Naturlyrik“.

Ein Großteil der angebotenen Lesungen fand in Oberpfälzer Mundart statt oder war der Oberpfalz, ihren Bewohnern und ihrem Dialekt gewidmet. Der Mundartdichter und Kaltenbachsänger Stefan Thumann aus Berg (Landkreis Neumarkt) las in der Gemeindebücherei Mühlhausen aus seinen Werken; in Hohenfels und Frauenberg trat er zusammen mit der Regensburger Autorin Karin Holz auf. In Gut Löweneck konnte man den Burglengenfelder Autor und Pädagogen Dr. Klaus Sauerbeck mit seinen amüsanten Betrachtungen zum Oberpfälzer Dialekt und vielen selbstverfassten Kostproben erleben.

Ein Schwerpunkt der diesjährigen Veranstaltungsreihe war das Thema „Der Mensch auf Wanderschaft“. Dazu gehörte die Lesung „Oberpfälzer Wanderwelten“ mit den Mundartautoren Grete Pickl und Josef Schmausser in Kastl und die gleichnamige Lesung mit dem Sinzinger Literaturexperten Rupert Dorner im Walderlebniszentrum Riegling. Mit ihm zusammen wurde auch das Abendprogramm „Die viereckige Seel“ – eine Soiree zum Thema „Die Oberpfalz und die Oberpfälzer“ in der Bücherei Viehhausen präsentiert, das sehr viel Beifall fand. Einen unterhaltsamen „Bayerischen Abend“ gestaltete das Ehepaar Dr. Adolf und Erika Eichenseer zusammen mit den Wolfsegger Schwarz Buam und den Regensburger Brettlfans auf Burg Wolfsegg. Nicht zuletzt standen auch die oberpfälzischen Sagen, Legenden, Märchen und Schwänke des Volkskundlers Franz Xaver Schönwerth, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, auf dem Programm. In einem urigen Stadel an der Laber in Beratzhausen führten dazu Agnes Eisenreich, Jürgen Huber und Mike Reisinger ihr ganz besonderes Abendprogramm unter dem Titel „Sagengelichter der Oberpfalz“ auf. Märchenerzähler Oliver Machander ließ in der Gemeindebücherei Beratzhausen mit der „Drud“, dem Teufel und den „Armen Seelen“ die Sagenwelt Schönwerths aufleben und präsentierte ein selbst erdachtes Märchen, das die Belagerung von Burg Ehrenfels zum Schauplatz hatte.

Ein zweiter Schwerpunkt waren die neuesten Mordfälle Oberpfälzer KrimiautorInnen. Dazu fanden Lesungen mit Hildegunde Artmeier, Lothar Ehrich, Dr. Marita Panzer und Siegfried Schüller im Parsberger Bärenkeller und mit Karin Holz, Dr. Lieselotte Kinskofer, Barbara Krohn und Rüdiger Woog im Zehentstadel Beratzhausen statt.

Bei einer sehr gut besuchten Lesung in Laaber stellten die drei Laaberer Autorinnen Christa Sienel, Franziska Wein und Silvia Graf sowie der Nittendorfer Lothar Ehrich neue Texte vor. Zwei Veranstaltungen widmeten sich historischer Thematik. Im Kulturstadel Hemau stand das Buch „Steinpfalzjugend um 1900“ der Gebrüder Schleer, erschienen im Lassleben-Verlag (Kallmünz), im Mittelpunkt, und auf Gut Löweneck (Nittendorf-Penk) gab die Regensburger Autorin Dr. Marita Panzer einen Einblick in ihre Publikationen über populäre historische Frauengestalten in der Oberpfalz, angefangen bei der rebellischen Reformatorin Argula von Grumbach bis hin zu Gloria von Thurn und Taxis.

Im Rahmen der Literaturtage wurden drei Ausstellungen angeboten. Zwei Buchpräsentationen in der Stadtbibliothek Neumarkt und der Gemeindebücherei Mühlhausen widmeten sich den neuesten Publikationen rund um die Kultur- und Wanderregion Oberpfalz. Die Ausstellung im Zehentstadel Beratzhausen mit neuesten Werken der Künstlerin Anna Beckstein-Pilz unter dem Motto „Anfang und Ende“ reflektierte die Inhalte der Krimiszene.

Den feierlichen Abschluss der „Literaturtage im Oberpfälzer Jura 2009“ bildete wiederum die Verleihung der Auszeichnung „Literaturpreis des Oberpfälzer Jura“. Preisträger waren diesmal die „Botschafterin der Oberpfälzer Mundart“, die 82-jährige Lyrikerin Margret Hölle, sowie die Verantwortlichen des ostbayerischen Magazins "lichtung", Gründer und Herausgeber Hubert Ettl und die verantwortliche Chefredakteurin Eva Bauernfeind aus Viechtach. Zum Festakt im Zehentstadel am 31. Oktober 2009 konnte Bürgermeister Konrad Meier viele Autoren und Kulturschaffende aus der ganzen Oberpfalz begrüßen. Er dankte den Mitgliedern der Literaturpreis-Jury –Prof. Dr. Eberhard Dünninger, dem Schriftsteller Harald Grill, der Publizistin und Vorsitzenden der Regionalgruppe Ostbayern des deutschen Schriftstellerverbandes Dr. Marita Panzer, dem Germanisten und Gottfried-Kölwel-Experten Hans Ziegler und dem Beratzhausener Kulturreferenten Michael Eibl - für die geleistete Arbeit bei der Ernennung der Preisträger. Die Würdigung des Magazins „lichtung“ erfolgte durch Prof. Dr. Eberhard Dünninger. Harald Grill sprach die Laudatio auf Margret Hölle. Der Regensburger Landrat Herbert Mirbeth überreichte die Auszeichnung und die Trophäen "Der Lesende" und "Die Lesende", Bronzefiguren des Bildhauers Helmut Wolf, an die Preisträger. Margret Hölle, Eva Bauernfeind und Hubert Ettl trugen sich in das Goldene Buch des Marktes Beratzhausen ein und lasen Kostproben aus ihren Schriften. Anschließend berichtete die Projektleiterin der Literaturtage, Dr. Christine Riedl-Valder, über die Begleitumstände und Inhalte der diesjährigen Veranstaltungsreihe. Obwohl die finanziellen Mittel diesmal nur ein Drittel des ersten Etats im Jahr 2006 betrugen, war das Angebot an Veranstaltungen und Schüler-Workshops erweitert worden. Dazu war ein hohes Maß an ehrenamtlichem Engagement erforderlich. Der Wunsch nach Kontinuität in der Förderung Oberpfälzer Literatur und auch die Hoffnung, dass die nächsten „Literaturtage“ wieder unter einem günstigeren finanziellen Stern stehen, gaben dabei den Ausschlag. Dr. Riedl-Valder dankte allen Mitveranstaltern, die sich von der Idee und den Zielen der „Literaturtage im Oberpfälzer Jura“ begeistern ließen. So konnte man gemeinsam eine beeindruckende Veranstaltungsreihe realisieren, die Autoren, Künstlern, Musikern und Kulturschaffenden aus der Region zu mehr Anerkennung verhalf und ein kreatives Experimentierfeld für Jugendliche bot. Ihr Dank galt auch dem Lassleben-Verlag in Kallmünz, der die Dokumentation der Literaturtage 2006 in bewährter Qualität gedruckt hatte und regelmäßig in seiner Zeitschrift „Die Oberpfalz“ auf die Veranstaltungen verwies. Sie gab der Hoffnung Ausdruck, dass sich die verantwortlichen Kommunal-, Kreis- und Bezirkspolitiker in Zukunft in der Pflicht sähen, die vernachlässigte Sparte „Literatur“ im Oberpfälzer Kulturleben mehr zu unterstützen und zu fördern. Der dafür benötigte Etat mache im Haushalt einer Gemeinde, eines Landkreises und eines Bezirks nur einen Bruchteil des Gesamtvolumens aus und bringe doch so viel mehr an kultureller Bereicherung, an regionalem Selbstbewusstsein, an kreativer Entfaltung und damit letztlich an Lebensqualität.

Auch Kulturreferent Michael Eibl warb für mehr öffentliche Förderung und Unterstützung der Oberpfälzer Literaturszene und unterstrich die Bedeutung der „Literaturtage“ als eine Initiative der Juragemeinden zu diesem Zweck. Der Festakt wurde musikalisch umrahmt von Mitgliedern der Musikschule Beratzhausen unter der Leitung von Resi Dinauer (Filmbericht über die Preisverleihung unter beratzhausen.com).