Die Nachricht vom Tod ihrer Verwandten, die ein Hotel in Karlsbad besaß, sorgt bei den Angehörigen in Bayern und Sachsen für Aufregung. Für die jüngste unter ihnen, die Münchner Pianistin Alice, war die verstorbene 93jährige Milena Bláhová eine Fremde. Aber sie erfüllt ihrer Mutter trotzdem den Wunsch, ihren Onkel, der extra aus Teneriffa anreist, mit dem Auto vom Flughafen abzuholen, um mit ihm zusammen zur Beerdigung nach Tschechien zu fahren. Die einzelnen Familienmitglieder werden mit ihrer unterschiedlichen Charakteren, ihren konfliktbeladenen Beziehungen, ihrer Vergangenheit, in der auch die jüngere west- und ostdeutsche sowie die tschechische Geschichte großen Anteil hat, und ihrer aktuellen Lebenseinstellung ausführlich beschrieben. Fast alle erhoffen sich die Erbschaft und verbinden damit individuelle Vorstellungen und Wünsche. Ihr Aufeinandertreffen im ehemaligen böhmischen Kurort Karlovy Vary führt zu einer neuen Annäherung der Familienmitglieder und gemeinsamen Zukunftsplänen.

Der Autor beschreibt detailliert Schauplätze und Situationen und schildert facettenreich die Eigenheiten, Eindrücke, Gefühle, Gedankenspiele und Erinnerungen seiner Figuren. Auf dieser Grundlage vermittelt er für die Leser gut nachvollziehbar die verschiedenen Weltanschauungen und Lebenseinstellungen der Generation, die heute in West-, Ostdeutschland und Tschechien anzutreffen ist. Darin liegt zweifellos der inhaltliche Schwerpunkt und der Wert dieses Buches, das viele Ängste, Zwänge und Sehnsüchte unserer Zeit spiegelt. Die Handlung gerät dabei jedoch etwas ins Hintertreffen. Dieses Manko gleicht Sréter aber zum Teil wieder aus, indem er das Geheimnis um die Zukunft des Hotels erst im letzten Kapitel lüftet und somit die Spannung bis zum Schluss erhalten bleibt.

Wolfgang Sréter stammt aus einer deutsch-ungarischen Familie. Er ist in Niederbayern aufgewachsen, studierte nach dem Abitur Volkswirtschaft, Soziologie, Wirtschafts- und Sozialpädagogik in Würzburg, Regensburg und München, arbeitete anschließend als Studienrat und seit 1988 als freischaffender Autor, Dramaturg, Fotograf und Dozent in München. Sein literarisches und fotografisches Werk wurde mehrfach ausgezeichnet. In einer Reihe von Projekten engagiert er sich für den intensiven kulturellen Austausch der Völker in der Mitte Europas und ein Weltbürgertum.

 

Wolfgang Sréter: Milenas Erben, lichtung verlag, Viechtach 2018, ISBN 978-3-941306-74-5, 14,90 Euro

 

Text: Dr. Christine Riedl-Valder, aus: Markus Bauer (Hg.): Die Besprechung, Online-Rezensionszeitschrift, Heft 1/2018.