Zum 250. Geburtstag von Jean Paul

Bernhard Setzwein würdigt den fränkischen Dichterfürsten auf originelle Art

B. Setzwein, Chr. Thanhäuser und H. Riederer bei der Ausstellungseröffnung in Sulzbach-Rosenberg
B. Setzwein, Chr. Thanhäuser und H. Riederer bei der
Ausstellungseröffnung in Sulzbach-Rosenberg
(Foto: Chr. Riedl-Valder)

Wer die aus Jean Pauls Feder stammende Geschichte über „Das Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz im Auenthal“ gelesen hat, wird sie nicht mehr so schnell vergessen. Denn die Hauptperson, der sanftmütige und erfindungsreiche Lehrer und Pfarrer Maria Wutz, der in großer Armut lebt, ist ein Lebenskünstler und macht uns vor, wie man trotz aller Widrigkeiten mit Bescheidenheit und Phantasie stets einen Grund finden kann, um glücklich und zufrieden zu sein. Voller Heiterkeit und Selbstironie lieferte der Autor damit eine Anleitung zum Überleben, die wohl für alle Zeiten aktuell sein dürfte.

Johann Paul Friedrich Richter wuchs selbst in einfachen Verhältnissen auf. Er kam 1763 im oberfränkischen Wunsiedel zur Welt. Seine Jugend verbrachte er in dem Dorf Joditz (Landkreis Hof), wo sein Vater als Pastor arbeitete. Er las sehr viel und hatte mit fünfzehn Jahren schon ein umfangreiches Bücherwissen, das er sich mit Hilfe von vielen Hefteinträgen zusammentrug. Sein Studium der Theologie in Leipzig, das er 1781 antrat, betrieb er nur halbherzig, da er in dieser Zeit schon lieber an eigenen Texten arbeitete. Über zehn Jahre verbrachte er jedoch in größter Armut, denn die öffentliche Anerkennung blieb ihm lange verwehrt. Erst mit dem Roman „Hesperus oder 45 Hundsposttage“ gelang Richter ein aufsehenerregender Publikumserfolg. In der Folgezeit sollte er zum erfolgreichsten Schriftsteller seiner Zeit aufsteigen. Zu Ehren des Philosophen Jean-Jacques Rousseaus übertrug Richter seinen Vornamen ins Französische und nannte sich fortan Jean Paul. Als erstem deutschen Autor gelang es ihm, von seinen literarischen Erzeugnissen zu leben. Jean Paul schrieb eine Vielzahl umfangreicher Romane, wie zum Beispiel den „Titan“, der auf 900 Seiten die turbulente Entwicklung des deutschen Grafen Albano de Cesara vom leidenschaftlichen Jüngling zum gereiften Mann beschreibt. Bezeichnend für Jean Paul sind die langen, humorvollen Titel seiner Erzählungen, die mit „Blumen-, Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel“ und ähnlichen Wortschöpfungen überschrieben sind. Jean Paul war, vergleichbar mit Goethe, ein genialer Sprachschöpfer. Viele seiner neuen Begriffe, zum Beispiel „Schmutzfink“, „Weltschmerz“, „Gänsefüßchen“ oder „ Angsthase“, sind in den allgemeinen Wortschatz übergegangen.

Der 250. Geburtstag Jean Pauls wird in diesem Jahr in ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland groß gefeiert. Vor allem die Franken gedenken ihres berühmten Landsmannes mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen. Ein neu angelegter Jean-Paul-Wanderweg führt von Joditz durch ganz Oberfranken bis nach Sanspareil. In vielen Städten, unter anderem in Bamberg, Bayreuth, Coburg, Erlangen, Hof, Meiningen, Neustadt / Aisch, Nürnberg und Wunsiedel, informieren an zentralen Plätzen aufwendig gestaltete Litfaßsäulen über Werk und Wirken des Dichters.

Unter den zahlreichen Neuerscheinungen zum Jubiläumsjahr ist vor allem die Publikation des Waldmünchner Autors Bernhard Setzwein bestens geeignet, dem Leser die Persönlichkeit Jean Pauls nahezubringen. Setzwein übernimmt nämlich für sein Buch die Arbeitsweise Jean Pauls. Dieser schrieb seine Romane stets mit Hilfe umfangreicherNotizblätter zusammen und hinterließ ein über 12000 Seiten starke Sammlung, die ihm als Textwerkstatt diente und aus der er seine zahllosen witzigen Vergleiche und Anmerkungen zog. Setzwein würdigt den Schriftstellerkollegen nun mit einem eigenen literarischen Zettelkasten voller treffender Anekdoten und wohlformulierten Stichwort-Artikeln. Damit gelingt es ihm, ein vielschichtiges Bild vom Charakter Jean Pauls, seinem Lebensweg, seiner Umweltund seinem Zeitalter zu vermitteln. Der österreichische Grafiker und Verleger Christian Thanhäuser entwarf dazu eine Fülle von Illustrationen, die das skurrile Wesen Jean Pauls treffend spiegeln. Im Literaturarchiv in Sulzbach-Rosenberg werden diese Zeichnungen in einer Sonderausstellung bis zum Herbst gezeigt, zusammen mit Radierungen und Lithographien von Hartmut Riederer, der sich vor allem mit der Thematik des Todes bei Jean Paul beschäftigte.In der Rollwenzelei in Bayreuth, dem Mekka aller Jean-Paul-Verehrer, wo der Schriftsteller ab 1809 fünfzehn Jahre lang fast täglich an seine Werken arbeitete, wird Bernhard Setzwein am 28. Juli 2013 sein Buch vorstellen.

„In der kleinen Nacht der Seele. Ausstellung zu Jean Paul mit Werken von Hartmut Riederer und Christian Thanhäuser“, im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg bis 29.11.13; Informationen unter www.literaturarchiv.de

Bernhard Setzwein: Jean Paul

Bernhard Setzwein: Jean Paul. Von Adam bis Zucker. Ein Abecedarium. 
Mit Holzschnitten und Federzeichnungen von Christian Thanhäuser, 
Haymon-Verlag, Innsbruck-Wien 2013, 19,90 Euro, 
www. Bernhardsetzwein.de. 
 

Chr. Riedl-Valder, in: Altbayerische Heimatpost 65. Jg., Nr. 25 (17.6.-23.6), 2013, S. 22