Der Fotograf für das Wesentliche

Stefan Hanke gelingen außergewöhnliche Portraits

Fotograf Stefan Hanke

Stefan Hanke 2013 (Foto: Chr. Riedl-Valder)

Wenn der Regensburger Berufsfotograf Stefan Hanke zur Kamera greift und die Person vor seinem Objektiv schließlich aus dem besten Blickwinkel und unter optimalen Lichtverhältnissen ablichtet, dann ist das oft nur der letzte Schritt eines langen Arbeitsprozesses. Am Anfang steht für ihn die gedankliche Auseinandersetzung mit seinem Motiv und die intensive Suche nach den wesentlichen, prägenden Charaktereigenschaften und Merkmalen, egal ob es sich um einen Mensch, ein Tier oder einen Gegenstand handelt. Die Porträts, die er anfertigt, weisen stets über die bloßen Äußerlichkeiten hinaus. Mit wenigen aussagekräftigen Requisiten und einem Umfeld, das auf die jeweilige Person oder Sache passend ausgewählt und zugeschnitten ist, arrangiert der Künstler den Moment der Aufnahme. Auf diese Weise gelingt es ihm, die Persönlichkeit eines Menschen mit seiner Geschichte und seinem Charakter im Hier und Jetzt festzuhalten.

Stefan Hanke hat sich die Grundlagen für seine Kunst in einer soliden Ausbildung angeeignet und wurde für seine Arbeiten schon früh ausgezeichnet. 1983 absolvierte er die Bayerische Staatslehranstalt für Photographie in München, erhielt daraufhin ein Stipendium und bekam 1988 den Bayerischen Fotopreis der Danner Stiftung zugesprochen. In seinem ersten, 1988 erschienenen Bildband „Menschen einer deutschen Stadt“ inszenierte er 99 Standbilder bestimmter Berufsgruppen und Menschentypen aus seiner Geburtsstadt, von denen die meisten jedoch auch in jeder anderen deutschen Stadt anzutreffen sind; darunter so unterschiedliche Zeitgenossen wie Schornsteinfeger, Asylanten, „Mister Europa“, die Fürstenfamilie Thurn und Taxis, Justizbeamte, Friedhofsarbeiter oder Angestellte des Schlachthofs. Das dargestellte Ambiente und jede weitere Einzelheit auf den Fotos trägt dabei zur Charakterisierung der Dargestellten bei. Für diese bemerkenswerte Publikation erhielt er den Kodak Fotobuchpreis. Im Jahre 1992 erschien Stefan Hankes zweites Buch zu den Menschen seiner Heimat. „Standbilder – Portraits aus der Oberpfalz“ beinhaltet beinhaltet nicht nur aussagekräftige Portraits, sondern ist auch ein wertvolles zeitgeschichtliches Dokument zu den unterschiedlichen Facetten des Land- und Stadtlebens. Die Photoserie erhielt den „Bayerischen Fotopreis der Danner Stiftung“.

Seit über zwanzig Jahren gehört Hanke dem Berufsverband Bildenden Künstler an und ist in dieser Funktion ein gefragter Bild-Chronist. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit entstanden viele originelle und unkonventionelle Portraits berühmter ostbayerischer Künstler. Zum Beispiel zeigt sich der Frauenauer Glaskünstler Erwin Eisch kostümiert beim Fußbad, der Zeichner Paul Schinner hinter Gittern, der Landshuter Bildhauer Fritz König auf einem Sattel sitzend in seinem Museum oder das Künstlerehepaar Marlene und Karl Reidl Hand in Hand vor einem Pflanzenberg.

Stefan Hanke beschäftigt sich oft lange Zeit mit einer bestimmten Aufgabenstellung. Über Jahrzehnte hat er seine Beziehung zum Regensburger Dom, der einzigen gotischen Kathedrale Süddeutschlands, reifen lassen. 2001 erschien die Publikation „Kathedrale im Licht“, in der Stefan Hanke den Dom in rund hundert photografischen Arbeiten als spirituelle Architektur voller Geheimnisse präsentiert. Diese Aufnahmen werden ergänzt mit ausgewählten Gedichten des Schriftstellers Harald Grill, der ihre Aussage mit den Mitteln der Sprache erweitert. 2004 wurde dem Fotografen für sein Schaffen der Kulturförderpreis der Stadt Regensburg zugesprochen.

Auch viele Firmen in Ostbayern haben den besonderen Reiz inszenierender Fotografie entdeckt und lassen ihre Geschäftsräume, ihre Dienstleistungsangebote und ihre Produkte von den Fotokünstler gern entsprechend in Szene setzen. Neben Menschen, Bauwerken und Maschinen hat Stefan Hanke vor einigen Jahren auch die Tiere als Motive für sich entdeckt. Er experimentiert mit deren Ausstrahlungskraft und versucht in seinen fotografischen Arbeiten ihr Wesen optimal zu erfassen. Zum Beispiel untersuchte er einige Wochen lang die Ausdrucksmöglichkeiten, die eine mehrere Meter lange Schlangenhaut bietet. Ebenso widmete er den Greifvögeln, vorzugsweise dem Adler, eine Fotoserie.

Mit seinem jüngsten Projekt „KZ-überlebt“ setzt Hanke den Menschen ein Denkmal, die die Grausamkeiten des Holocausts überlebt, aber die Erinnerung daran ihr Leben lang mit sich herumgetragen haben. In den dabei entstandenen Porträts spiegeln sich auf vielfältige Weise die erschütternden Erlebnisse seiner Gesprächspartner. Dieses Unternehmen ist ein Wettlauf mit der Zeit, denn immer wieder passiert es, dass der Fotograf wenige Wochen nach dem Treffen die Todesanzeigen seiner Gesprächspartner erhält. Eine ersten Serie dieser Arbeiten zeigte Stefan Hanke im Frühjahr in der Gemeinschaftsausstellung “Kunst in der Katastrophe” im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestags in Berlin. Für 2014 plant der Fotograf eine Wanderausstellung durch die gesamte Bundesrepublik, die zusammen mit einem pädagogischen Programm vor allem den Jugendlichen dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte nahebringen soll.

Christl Riedl-Valder

Viele Fotos und weitere Informationen unter www.stefanhanke.com

aus: Altbayerische Heimatpost Nr. 35, 2013, S. 20.